Sauber und kreativ – wie Energieforschung und Glaskunst zusammen kommen

acatech am Dienstag an der Schnittstelle von Kunst und Technik: Wie kann nachhaltige Energieversorgung durch Künstliche Photosynthese gelingen – und woher genau soll die Energie kommen? Können die achteckigen, dunkelblauen Solarzellen durch künstlerische Gestaltung architektonische „Hingucker“ werden und so das Nützliche mit der Gestaltung des Öffentlichen Raums verbinden? Diese Fragen wurden am 14. Juli bei acatech am Dienstag aus wissenschaftlicher, technischer und künstlerischer Sicht beleuchtet und mit den Gästen diskutiert. 

Diskussionen über den Ausbau der Solarenergie oder eine Wasserstoffstrategie auf EU-Ebene: Die Energieversorgung sei ein hochaktuelles Thema, so acatech Präsident Dieter Spath in seiner Begrüßung. acatech, Leopoldina – Nationale Akademie der Wissenschaften und die Akademienunion sind mit dem Projekt „Energiesysteme der Zukunft“ seit Jahren auf diesem Gebiet aktiv – und befassen sich dabei auch mit der Künstlichen Photosynthese.

Diese ist inspiriert von der Natur und orientiert sich an deren Prozessen zur Energieerzeugung. Das Ziel: technisch nutzbare Apparate zur Speicherung von Sonnenenergie in Form von Brenn- und Wertstoffen erstellen. So stellte Philipp Kurz, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, das visionäre Forschungsfeld dar, zu dem die Akademien vor zwei Jahren eine Stellungnahme vorgelegt haben. Er machte nochmal deutlich, dass die Energiegewinnung in Deutschland bis heute auf fossilen Brennstoffen basiert – mit den bekannten negativen Auswirkungen auf Umwelt, Gesundheit und Klima. Philipp Kurz, der einer der Autoren der Stellungnahme war, sieht aber auch Licht am Ende des Tunnels: die Entwicklung hin zu Erneuerbaren Energien mit Solarzellen in den Städten und Windrädern auf dem Land nehme immer mehr Fahrt auf. Mit Künstlicher Photosynthese könne man die Energiewende sogar noch weiter beschleunigen, da durch diese nicht nur Strom, sondern auch Brenn- und Rohstoffe erzeugt werden könnten.

Anhand des Projektes „Rheticus“ zeigte Thomas Haas, Evonik Operations GmbH, Potenziale und Herausforderungen der Künstlichen Photosynthese für die Industrie. Hier stehe die Wirtschaftlichkeit, insbesondere im Vergleich mit Konkurrenzprodukten fossiler Rohstoffe, im Zentrum. Gemeinsam mit Siemens entwickelt Evonik eine Versuchsanlage, die Spezialchemikalien erzeugt – aus Kohlendioxid (CO2) und Wasser sowie Strom aus erneuerbaren Quellen und Bakterien.

Kunstwerke, die durch Photovoltaik Energie spenden

Einen völlig neuen Weg beschreitet Glaskünstler Bernd M. Nestler mit der Kombination von Solar und Kunst. Er ist zusammen mit anderen Künstlern und Architekten aktiv in der Mayer’schen Hofkunstanstalt, einer seit 1847 führenden Werkstätte für Glasgestaltung und Mosaik in der Architektur, mit weltweiten Verbindungen. Eine Besonderheit sind die bis heute mundgeblasenen Echt-Antikgläser, die es in verschiedensten Farbabstufungen gibt und von denen jedes Glas ein Unikat ist. Mit diesen Gläsern werden seit Jahrhunderten zum Beispiel aufwendige Kirchenfenster gestaltet, deren Herstellungsprozess der Künstler anschaulich schilderte.

Vor ungefähr 20 Jahren wagte Bernd Nestler mit seiner Glaskunst den Sprung ins 21. Jahrhundert. Ein Wechsel von den traditionellen Echt-Antikgläsern zum neuen Floatglas ermöglichte ihm einen weiteren Gestaltungsspielraum auf größeren Glasflächen. Seine Idee war, bei den bestehenden Solarzellenmodulen die lichtundurchlässige Plastikbeschichtung auf der Rückseite durch Glas zu ersetzen. Damit wird eine hohe Lichtdurchlässigkeit erzielt und das durchsichtige Glas kann in den Bereichen zwischen den achteckigen dunkelblauen Solarzellen farbig gestaltet werden. Durch Anlegen der Muster in einer Rundschablone ist es möglich, dass man die Solarzellenmodule beliebig nebeneinander montieren kann (ähnlich wie im Schmetterlingsdruck) und das Muster unendlich fortgeführt werden kann. In der Fläche entsteht so – durch die verschiedenfarbig im Licht schillernden Solarzellenmodule – ein eigenständiges Kunstwerk, das gleichzeitig durch Photovoltaik Strom liefert.

Die Diskussion, moderiert von Marc-Denis Weitze, acatech Geschäftsstelle, brachte weitere Klärungen zu Konzept und Potenzial der Künstlichen Photosynthese. Der Austausch von Technik und Kunst kann, so zeigte sich ein weiteres Mal, auch den gesellschaftlichen Dialog zur Energiewende anregen.