„Das Reisen mit der Eisenbahn bei hohen Geschwindigkeiten ist nicht möglich, da Passagiere nicht in der Lage wären zu atmen und erstickten“, mahnte im 19. Jahrhundert der irische Physiker und Mathematiker Dionysius Lardner. Und in den Kindertagen des Schienenverkehrs warnten angeblich königlich-bayerische Ärzte vor der Eisenbahn: Die Lokomotive Adler schaffte auf ihrer Jungfernfahrt zwischen Nürnberg und Fürth stolze 30 km/h und war damit dreimal so schnell wie die Postkutsche, derlei Raserei werde Reisende ins Delirium stürzen (eine Warnung, deren Authentizität allerdings zweifelhaft ist). Wahr ist jedoch: Viele Zeitgenossen standen der erhöhten Drehzahl des Eisenbahnzeitalters misstrauisch und ängstlich gegenüber – während wir heute mit 300 km/h in vier Stunden von Berlin nach München reisen (und uns beschweren, wenn der ICE zehn Minuten Verspätung hat).
Nichts prägt unsere Ära so stark wie die Beschleunigung: Alles läuft immer schneller, alles muss immer schneller laufen. Das gilt längst nicht nur für den Verkehr: Brauchte etwa früher ein Brief Tage oder Wochen, um ans Ziel zu gelangen, schafft das eine E-Mail in Sekunden. Fehlt selbst dafür die Geduld, greift man zu Chat oder Instant Messaging. Und galt „heute bestellt, morgen geliefert“ über Jahrzehnte als rasante Zustellung, so werben Online-Händler von Amazon bis Zalando längst mit „Same Day Delivery“ in deutschen Städten.
Die Digitale Transformation treibt das Tempo in neue Höhen: Brauchte die Eisenbahn einst Kohle und Wasserdampf als Antrieb, so trägt heute die IT die Beschleunigung in alle Branchen, vom Handel bis zur Industrie, von der Medizin bis zur öffentlichen Hand – und zur Schiene, sieht doch Dobrindts „Masterplan“ einen per IT optimierten Güterverkehr vor. Denn ohne durchgängig digitalisierte Prozesse – immer öfter ergänzt durch Rechenpower aus der Cloud – wäre heutige Just-in-Time-Logistik ebenso wenig möglich wie echtzeitnahes Reagieren auf Kundenwünsche oder die angestrebte Produktion in Losgröße 1.
Unternehmer sollten eruieren, welche Geschäftsprozesse sie mittels Digitaler Transformation beschleunigen und welche neuen sie etablieren können. Denn bei allzu langem Zögern ist heutzutage der Zug der Konkurrenzfähigkeit schnell abgefahren.