Der Softwareentwickler eines Anlagenherstellers will das Zusammenspiel einer neuen mobilen App mit dem SMS-Versand testen. Die Testumgebung benötigt er sofort. Doch die hausinterne IT erklärt, man müsse zunächst dringend einige Patches aufspielen, die gewünschte Umgebung könne man „voraussichtlich in drei Wochen“ bereitstellen. Angesichts solcher Fälle verwundert es nicht, dass manch eine Entwicklungsabteilung ihre Testumgebungen längst in den endlosen Weiten der öffentlichen Cloud betreibt, etwa auf AWS oder Microsoft Azure. Was der Fachabteilung innovativ und praktisch erscheint, beschimpft der IT-Leiter dann als „Schatten-IT“, entzieht es sich doch seinem Blickfeld.
Dieses Problem verschärft sich: Immer mehr Unternehmen stellen fest, dass ihre Produkte heute App-Unterstützung benötigen (siehe dazu hier), und entwickeln die Anwendungen dann selbst – aber eben oft auf AWS und Co. Zugleich sind die Unternehmensmitarbeiter aus dem privaten Umfeld gewohnt, dass Apps und IT-Services mit ein paarmal Fingertippen oder wenigen Mausklicks bereitstehen. Auch hier lockt die Schatten-IT. Bei unternehmensweiter Inventur erschrickt der IT-Leiter dann über hunderte Cloud-Dienste, von denen er nichts wusste.
Bedenklich ist Schatten-IT nicht nur, weil sie sich der Kontrolle entzieht. Bedenklich ist auch, das sie ein Symptom ist: dafür, dass die interne IT mit den Anforderungen der Mitarbeiter immer seltener Schritt halten kann. Denn die Haus-IT entstammt meist einer Zeit, als Cloud-Geschwindigkeit noch kein Thema war. Sie ist auf dieses Tempo nicht ausgelegt und wird es oft nie erreichen – während die iPhone-Nutzer im Unternehmen ihre Fotos automatisiert in Apples iCloud sichern, ohne je das Aufsetzen neuer Backup-Server abwarten zu müssen.
Die Zeit der Cloud-Verweigerung ist vorbei, und Unternehmen, die sich immer noch wolkenlos wähnen, sollten ihre Cloud-Skepsis in Frage stellen. Schließlich gibt es den vernünftigen, sicheren Kompromiss der „Hybrid Cloud“: Sensible Teile der IT verbleiben im Hause, nur weniger Kritisches verlagert man in die Wolke. Aus Gründen der Datensouveränität kann man eine Speicherung der Daten in Deutschland vertraglich festschreiben, etwa bei Microsofts Azure Deutschland, oder man wählt gleich einen einheimischen Provider als Vertragspartner, zum Beispiel Bechtle. Wer den Realitäts-Check macht, stellt fest: „Teils bewölkt“ ist besser als „überwiegend schattig“.